Bemaltes Schulterblatt eines Grönlandwals
Unterkiefer und Schulterblatt des Grönlandwals (Balaena mysticetus) aus der Mitte des 17. Jahrhunderts zählen zu den ältesten und bedeutendsten Objekten der Sammlung des Phyletischen Museums. Diese Stücke wurden 1782 aus der Herzoglichen »Naturalien- und Kunstkammer Weimar« in die Naturaliensammlung im Jenaer Schloß übernommen.
Johann Wolfgang von Goethe 1820:
»Wir besitzen... Die zu einer stumpfen Säule zusammengewachsenen
Halswirbelknochen des Wallfisches, auch Schulterblätter des Ungeheuers,
mit Schiffen bemalt, um das Wundersame dieser breiten Knochenfläche zu
erhöhen. Ferner sieht man zwei Rippen und eine Unterkinnlade des
Riesenhauptes...«
Das Schulterblatt ist weltweit erst das dritte bekannte, bemalte Exemplar aus dem 17. Jahrhundert. Nach seiner Restaurierung im Juni 1996 sind die Motive wieder sehr gut zu erkennen, und die Schrift ist lesbar.
Die Bemalung ist auf den Februar 1646 datiert. Unterhalb der Jahreszahl erkennt man ein Medaillon mit der Darstellung eines Storches. Es könnte die Hausmarke eines Handelshauses gewesen sein, mit der u.a. das Eigentum an Frachtgütern gekennzeichnet wurde, oder ein Stadtwappen. Der Schriftzug am Rand des Schulterblattes ist alt-niederländisch und lautet in hochdeutsch übertragen und in der Deutung vervollständigt: »Durch Gottes sorgende Hand fängt man den Walfisch an der Nordkante« – mit dieser Kante ist vermutlich die arktische Packeisgrenze gemeint.
Die Malerei zeigt realistische Szenen des Walfanges. Bereits um 1611 begann die intensive Jagd auf den Grönlandwal vor Spitzbergen. Die Walfänger wurden von kanonenbestückten Kriegsschiffen (Galeonen) begleitet – an allen Toppen weht die alte rot-weiße niederländische Flagge. Auf den Ruderbooten sind die Harpuniere in ihrer Tracht dargestellt. Im Vordergrund schwimmen Wale; zwei der Tiere stoßen Atemluft aus.