Sonderausstellungen

"Insekten & Sex" Dezember 2011 –  Oktober 2012

Die Bilder in der Ausstellung des Phyletischen Muse­ums der Universität Jena würden als Akte oder gar als Pornos bezeichnet werden, wenn Menschen darauf abgebildet wären. Doch Deutschlands einziges Evolutionsmu­se­um widmet sich ab dem 16. Dezember nicht menschlichem, sondern tierischem Sex. „Insekten & Sex“ heißt die neue Sonderausstellung, in der zahl­rei­che Bil­der und Exponate in die Vielfalt der Geschlechtsorgane, ihre Ent­wicklung und ihre Aufgaben einführen – und dies auf eine ästhetische Weise, so dass der evolutionäre Rotlichtbezirk auch für Kinder geeignet ist.

Den Insekten geht es nicht anders als vielen Menschen: fast alle in­vestieren viel Zeit und Energie um den richtigen Part­ner zu finden und sich zu paaren und fortzupflanzen. Einfacher machen es sich allerdings einige Blatt­lausarten, denn sie verzichten zeitweise auf all die mit Sex verbundenen Mü­hen und praktizieren Jungfernzeugung. Doch Sex ist erfolgreich und für die Evolu­tion äußert wichtig. „Durch Sex werden genetische Merkmale laufend neu kombiniert. Das ist wahrscheinlich der entscheidende Vorteil in einer Welt, in der sich die Lebensbedingungen ständig verändern“, erläutert Dr. Gunnar Brehm, der die Ausstellung gemeinsam mit PD Dr. Hans Pohl und Prof. Dr. Rolf Beutel konzipiert hat.

Wie in der mit Abstand artenreichsten Tiergruppe zu erwarten sind die Praktiken der Fort­pflan­zung bei Insekten sehr vielfältig. Gladiatoren paaren sich drei Tage lang, während Bienen nur für wenige Sekunden Sex in der Luft haben. Unter Wasser treffen sich die Wasserkäfer zum Rendezvous, wobei die Weibchen gelegent­lich ertrinken. Die Weibchen der Fächerflügler werden in ihren „Hals“ begattet, weil der Hinterleib der parasitisch lebenden Tiere im Wirt verborgen ist. Libellenmänn­chen haben ein sekundäres Kopulationsorgan entwickelt, mit dem sie die Weib­chen befruchten. Bei Schmetterlingen verhindert das Schlüssel-Schloss-Prin­zip, dass sich artfremde Tiere paaren. Es kommt aber dennoch gelegentlich vor, dass Hybriden entstehen. Bevor es aber überhaupt zur Paarung kommt, wäh­len die Weibchen ihre Partner sorgfältig aus: Monarchfaltermännchen müssen beispielsweise erst giftige Alkaloide aufnehmen, um akzeptiert zu werden. „Manche Käfer und Fliegen haben sogar Geweihe ausgebildet, mit denen sie um die Gunst der Damenwelt kämpfen“, erklärt Dr. Frank Hünefeld, der am Phyletischen Museum die Evolution der Geschlechtsorgane von Insekten erforscht, gefördert von der Volkswagen-Stiftung.

Eine Vitrine in der neuen Sonderausstellung widmet sich den For­schungs­­methoden, mit denen die äußeren und inneren Strukturen der Sechs­beiner aufgeklärt werden – vom Lichtmikroskop bis zur Computertomographie. Und auch über das Sexualleben der verwandten Tausendfüßer und Spinnen­tiere können die Besucher anschaulich Neues erfahren.