Domestikation
Schon seit jeher hat der Mensch Pflanzen und Tiere genutzt –
als Nahrung, für Kleidung, aber auch als Drogen und für spirituelle Zwecke.
Erst in der jüngsten Menschheitsgeschichte begann er, die Kontrolle über die
Fortpflanzung bestimmter Arten zu übernehmen und diese so zu verändern, dass
die Nachkommen ihm mehr Nutzen brachten als ihre wilden Vorgänger. Diese
künstliche Zuchtwahl des Menschen verlief zunächst ohne einen Plan und
natürlich ohne Kenntnisse von Evolution und Genetik.
Nur unter sehr günstigen Umständen und an wenigen Orten
konnte sich Landwirtschaft zunächst gegenüber dem Jagen und Sammeln behaupten.
Erst durch Domestikation konnten Menschen sesshaft werden und eine
arbeitsteilige Gesellschaft bilden, die Spezialisierung erlaubte und
Erfindungen von Schrift , Rad etc. möglich machte.
Obwohl Landwirtschaft zuerst mehr Arbeit, oft eine
schlechtere Ernährung und eine höhere Last durch Krankheitserreger mit sich
brachte, überrollten die neuen Gesellschaften die alten – schließlich auf dem
ganzen Planeten. Wie kein anderer Prozess hat Domestikation damit in den
letzten 10.000 Jahren auch die Evolution des Menschen selbst beeinflusst.
Video zur Ausstellung (YouTube) von TiPs-TV
Folgen für Mensch, Tier und Pflanze
Domestikation hatte und hat bis heute einen gravierenden Einfluss auf die Evolution des Menschen und der von ihm genutzten Tiere und Pflanzen. Wir zeigen die Veränderungen bei domestizierten Tieren am Beispiel des Schweins. Hausschweine wachsen nicht nur erheblich schneller als Wildschweine; Ihr Gehirn ist verkleinert, ihre Sinnesleistungen sind schwächer, Ihre Körperform ist deutlich verändert – besonders der Schädel (oben Wildschwein, unten Hausschwein). Der Mensch hat die Kontrolle über die Fortpflanzung domestizierter Tiere und Pflanzen übernommen; viele Formen können sich nicht mehr selbständig vermehren.
Vielfalt domestizierter Pflanzen und Tiere
Über Tausende von Jahren selektierte der Mensch solche Individuen, die ihm am nützlichsten erschienen. Regional entstand so eine ungeheure Vielfalt von Rassen und Sorten. Es gibt je über 500 Schaf- und Rinderrassen, 339 Hunderassen, mehr als 600 Weizensorten, rund 1600 Apfel- und 5000 Maissorten. In der modernen Landwirtschaft werden aber nur die ertragreichsten Sorten und Rassen genutzt, so dass die genetische Vielfalt von Nutzpflanzen und -tieren gefährdet ist.
Aktuelle Entwicklungen
Ein Mastschwein erreicht heute schon nach 7 Monaten ein Schlachtgewicht von über 100 kg; ein Masthuhn wird schon nach drei Monaten im Stall getötet. Hochleistungs-Milchkühe produzieren heute bis zu 50 Liter Milch am Tag. Alleine die 1,35 Milliarden Rinder der Welt wiegen mehr als alle Menschen; sie produzieren täglich je 250 Liter des Treibhausgases Methan. In Deutschland werden jährlich rund 450 Millionen Tiere zum Verzehr getötet. Zwei Drittel der Anbaufläche Deutschlands dienen der Ernährung der Nutztiere. Zu den neu domestizierten Tieren gehören viele Nager, die als Haustiere und im Labor eingesetzt werden. Die Zahl der Labortiere liegt bei weniger als einem Prozent der Schlachttiere in Deutschland (2,9 Millionen). Die moderne Züchtung erreicht stetig neue Produktionsrekorde. Die Welternte hat sich innerhalb der letzten 50 Jahre rund verdreifacht - ebenso wie die Weltbevölkerung. Besonderes Wachstum verzeichnen Zuckerrohr, Sojabohnen, Ölpalmen, Mais und Raps – oft zu Lasten naturnaher Lebensräume. Transgene Organismen ermöglichen in der Natur undenkbare Kombinationen (Spinnen/Ziege; Fisch/Tomate; etc.). Inzwischen gibt es nahezu komplett künstlich hergestellte Organismen.
Kooperationen
Wie in der vorhergehenden Sonderausstellung haben wir mit der Bauhaus-Universität Weimar zusammengearbeitet; namentlich Elisabeth Kaufmann, Konrad Angermüller und Felix Sattler, die weite Teile der künstlerischen Gestaltung übernommen haben und die mit verschiedenen Installationen das Verhältnis Mensch-Tier untersuchten. Mehr zur künstlerischen Gestaltung...
Zudem konnten wir wieder den Berliner Künstler Uli Westphal gewinnen, zwei Installationen beizusteuern: zum einen seine neue Arbeit Lycopersicum sowie die Arbeit Supernatural. Mehr zu Uli Westphal...